Rotlauf

Krankheitsbild

Man muss zwischen dem akuten (plötzlich auftretend, schnell, heftig verlaufend) und dem chronischen (langsam sich entwickelnd, langsam verlaufend) Rotlauf unterscheiden. Der Akute hat drei Verlaufsformen, der Chronische vier. Der Akute ist relativ gut behandelbar, der Chronische schlecht und hat eine ungünstige Prognose.

Autor: Dr. Hans-Werner Fuchs
Roßmäßlerstrasse 20
D-10318 Berlin
e-Mail : info@vetmicropath.de

Herkunftsnachweis für die Abbildungen:
Die mikrofotografischen Abbildungen sind, sofern nicht anders vermerkt, vom Verfasser.
Die makroskopischen Fotogafien stammen teilweise aus dem Archiv des ehemaligen Institus für Veterinär-Pathologie der Humboldt-Universität am Institut für Veterinär-Pathologie der Freien Universität Berlin.
Haftungsausschluß:
Der Verfasser hat diese Seiten nach bestem Wissen und Gewissen hergestellt. Die Angaben erfolgen jedoch ohne Gewähr und unter Ausschluß jeglicher Haftung.

© Alle Rechte für Abbildungen und Texte vorbehalten.

Geschichtliches

Bis in die 80er Jahre des vorletzten Jahrhunderts wurde der Rotlauf für Milzbrand gehalten. Eigentliche Entdeckung durch Robert Koch, 1878. Isolierung des Rotlauferregers aus Kadavern durch Pasteur und Thuillier sowie davon unabhängig durch Löffler, 1882.

Allgemeines

Rotlauf wird durch das Bakterium Erysipelothrix rhusiopathiae verursacht. Es ist eine akut bzw. chronisch verlaufende bakterielle Infektionskrankheit, die auch auf andere Spezies übertragbar ist.
Sie kommt bei allen Haussäugetieren, bei Geflügel, Fischen, Reptilien und beim Menschen (Zoonose) vor und ist weltweit verbreitet.

Vorkommen

Der Erreger wird in Dung, Jauche, Wasser, Stroh und in der Erde gefunden. Ebenso auch bei gesunden Schweinen auf den Mandeln und im Darm. Er besitzt eine ausserordentlich hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber äusseren Einflüssen und kann unter günstigen Bedingungen in der Umwelt mehrere Monate überleben.

Inkubationszeit (die Zeit zwischen Ansteckung und Ausbruch einer Erkrankung)

Zwischen einer Stunde und vier Tagen.

Übertragung

Erkrankte Schweine scheiden den Erreger schon vor dem Auftreten klinischer Symptome massenhaft mit dem Kot und Harn aus, später auch mit Speichel, Nasen- und Augensekret. Mit dem Erreger verseuchter Boden, Einstreu, Mist und Gülle werden damit- ebenso wie akut erkrankte Tiere- zu Infektionsquellen. Auch stechende und saugende Insekten können den Rotlauferreger übertragen. Der Begriff „Rotlaufwetter“ wurde von der Beobachtung abgeleitet, dass schwüles Wetter, meist in der zweiten Sommerhälfte, gehäuftes Auftreten von Rotlauf bewirken kann. Weitere Faktoren, die einen Ausbruch begünstigen sind Stress durch Transport/Umstallung, Haltungsfehler, plötzlicher Futterwechsel sowie hohe Temperaturen und Luftfeuchtigkeit, Wurmbefall, Verfütterung von Speiseresten und angegriffene Gesundheit durch schon vorliegende Erkrankungen. Schweine zwischen 3 Monaten und einem Jahr erkranken am häufigsten.

 

Akute Form

1. Rotlaufseptikämie (Rotlaufblutvergiftung)
Die erkrankten Tiere verweigern plötzlich das Futter, zeigen Teilnahmslosigkeit und verkriechen sich. Erhöhung der Körpertemperatur auf 41-42°C, Verstopfung bei älteren Tieren. Ab dem zweiten Krankheitstag treten bläulichrote Hautveränderungen auf, die an den Ohren beginnen und sich über den Hals zur Brust, zum Unterbauch und den Innenflächen der Hinterschenkel ausdehnen. Die Erkrankung führt ohne Behandlung innerhalb von zwei-vier Tagen zum Tod. Es können aber schon Todesfälle am ersten Tag auftreten, dann fehlen die typischen Hautveränderungen. (Weisser Rotlauf)

2 Backsteinblattern
Sie verlaufen unter geringeren Störungen des Allgemeinbefindens. Charakteristisch sind quadratische, rechteckige oder rhombische, scharf abgegrenzte, erhabene Hautveränderungen, hellrot über dunkelrot bis violett auf der Rückenhaut und den Seitenflächen. Bei überstandener Erkrankung gehen die Schwellungen wieder zurück oder es kommt an den betreffenden Stellen zu Krustenbildung bzw. zum Absterben der Haut. Bei schwerem Verlauf mit anhaltendem Fieber ist bei tragenden Sauen mit Fehlgeburten, kleinen Würfen oder Umrauschen und bei Ebern mit Minderung der Spermaqualität zu rechnen.

3. Akute Arthritis und Polyarthritis (Gelenkentzündung)
Die Gelenksentzündungen zeigen sich meistens im Anschluss an die beiden vorher genannten Verlaufsformen. Betroffen werden in der Hauptsache die grossen Gelenke der Hintergliedmassen. Steifer und vorsichtiger Gang, die Gelenke fühlen sich warm an.

Chronische Form

1. Chronische Arthritis und Polyarthritis
Je nach Ausmass der der Gelenkveränderungen ist das Allgemeinbefinden der Tiere gestört. Sie liegen viel und bewegen sich nur bei Zwang. Jüngere Tiere zeigen einen Rachitis-ähnlichen steifen Gang, ältere Tiere haben hochgradige, oft von Gliedmasse zu Gliedmasse wechselnde Lahmheiten. Die Futteraufnahme ist gering, die Tiere kümmern. Die betroffenen Gelenke sind teilweise schmerzhaft und geschwollen, im weiteren Verlauf sind Verkrümmungen möglich.

2. Endocarditis valvularis (Herzklappenrotlauf)
Sie geht als selbstständige Erkrankung meist ohne Gelenkveränderungen einher. Bei normaler Körpertemperatur sinkt die Futteraufnahme und ausgeprägte Symptome einer Herzerkrankung treten auf: Mattigkeit, Kurzatmigkeit in Verbindung mit hundesitziger Stellung, Bläulichfärbung der Schleimhäute, Herznebengeräusche. Die Erkrankung führt meist innerhalb einiger Wochen zum Tode, leichtere Fälle können bei unterstützender Behandlung abheilen.

3. Diskospondylitis (Wirbel-Rotlauf)
Diese Entzündungen können in allen Bereichen der Wirbelsäule auftreten. Typisch sind die Haltungs- und Bewegungsstörungen wie Karpfenrücken, Steifheit und Aufstehschmerz. Mitunter gibt es Querschnittslähmungen. Rücken- und Halsmuskulatur fühlen sich verhärtet an.

4. Dermatitis (Hautrotlauf)
Hier sind vor allem der Rücken, der Hals, der Rüssel und die Ohren befallen. Die betroffenen Bezirke sind dunkel- bis schwarzrot verfärbt, trocken, lederartig und liegen bei der ausgedehnten Form wie ein Panzer auf dem Tierkörper. Es kann zu Eiterbildung und zur Abstossung der abgestorbenen Hautteile kommen. Die Abheilung dauert Wochen bis Monate, häufig verenden die Tiere vorher.

Behandlung

Bei Rotlaufverdacht ist sofort der Tierarzt zu verständigen. Bei akutem Rotlauf können die Schweine bei rechtzeitigem Einsatz von Medikamenten meistens geheilt werden. Die chronischen Verlaufsformen sind therapeutisch kaum zu beeinflussen.

Vorbeugung

Grundvoraussetzung für alle Massnahmen sind die Beachtung der allgemeinen hygienischen Regeln, optimales Stallklima, Stressvermeidung und regelmässige Gesundheitskontrollen. In der Praxis haben sich Schutzimpfungen bewährt. Schweine können ab einem Alter von 2-3 Monaten geimpft werden. Vorher besteht noch der passive, von der Muttersau auf die Ferkel übertragene Schutz. (Vorausgesetzt, die Sau ist geimpft).

Quellen:

Handbuch Schweinkrankheiten, K.-O. Eich/U. Schmidt
Diseases of swine, A. D. Leman
Schweinekrankheiten, Hans Dieter Dannenberg
Handbuch der Schweineimpfungen in der Tiermedizin, Anton Mayr
Pigpool
Schweinekrankheiten, Uni Giessen
Bakterielle Zoonosen bei Tier und Mensch, K. Dedié, J. Bockemühl, H. Kühn, K.-J. Volkmer, T. Weinke