Biologie der Schweine

Auf dieser Seite findest Du alle Informationen rund um die faszinierende Biologie der Schweine. Vom Körperbau bis hin zu Erklärungen über Borsten und Ringelschwanz lassen wir kein Thema unberührt…

Systematik

Klasse:                             Säugetiere (Mammalia)

Unterklasse:                    Höhere Säugetiere (Eutheria)

Überordnung:                  Laurasiatheria

Ordnung:                          Paarhufer (Artiodactyla)

Unterordnung:                 Schweineartige (Suina)

Familie:                             Echte Schweine

 

Wissenschaftlicher Name

Suidae    (Gray 1821)

 

Gattungen

  • Sus
  • Hirscheber (Babyrousa)
  • Warzenschweine (Phacochoerus)
  • Riesenwaldschweine (Hylochoerus)
  • Buschschweine (Potamochoerus)

Zahnformel:
Anzahl: 44
Schneidezähne (I): 3/3
Eckzähne (C): 1/1
Vormahlzähne (P): 4/4
Mahlzähne (M): 3/3

Anatomie des Schweines

1. Oberkieferbein
2. Stirnbein
3. Scheitelbein
4. Jochbein
5. Augenhöhle
6. Unterkieferbein
7. Zwischenkieferbein
8. Schläfenbein
9. Nasenbein
10. Kopfträger
11. Umdreher
12. 3. Halswirbel
13. 7. Halswirbel
14. Brustwirbel
15. Lendenwirbel
16. Kreuzbein
17. Schwanzwirbel
18. Rippen

19. Brustbein
20. Schulterblatt
21. Schulterblattknorpel
22. Schulterblattgräte
23. Oberarmbein
24. Speiche
25. Elle
26. Vorderwurzelknochen
27. Vordermittelfußknochen
28. Vorderzehenknochen
29. Darmbein
30. Sitzbein
31. Oberschenkelbein
32. Kniescheibe
33. Schienbein
34. Wadenbein
35. Hinterfußwurzelknochen
36. Hintermittelfußknochen
37. Hinterzehenknochen

Atemfrequenz

in Ruhe: 10-20 pro Minute 

in Bewegung: 30-80 pro Minute  

 

Blutmenge

pro kg Körpergewicht: ca. 74 ml  

 

 

Herzschläge

60 – 80/Minute bei ausgewachsenen Schweinen

120 – 200/Minute bei Ferkeln  o

Vermehrung

Brunstzyklus (Rausche)

bei der Sau: alle 21 Tage, Dauer 2 – 3 Tage

Beim Eber: ist immer sprungbereit

Geschlechtsreife

Eber im Alter von ( 3 ) 4 – 5 Monaten

Sau im Alter von 5 – 6 Monaten

 

Zuchtreife

Eber ab 6 Monate

Sau ab 7 Monate

Trächtigkeitsdauer

112 – 115 Tage ggf. plusminus 3 Tage

Wurfgröße

variiert je nach Rasse zwischen 5 – 18 Ferkeln, wobei im Durchschnitt 10 – 11 Ferkel geboren werden

Körpertemperatur

38,5 – 39,5 °C bei ausgewachsenen Schweinen, 

39,0 – 40,5 °C bei Ferkeln

Im Idealfall misst man die Temperatur beim gesunden Tier und notiert sie sich. Bei evtl. ersten Krankheitszeichen, misst man dann zuerst wieder die Temperatur und kann sofort sehen, ob die Temperatur tatsächlich erhöht ist.  

Körpergröße und Gewicht der Schweine

Wir unterscheiden zwischen Großschweinen und Minischweinen. Minischweine werden auch als Zwergschweine bezeichnet. 

Ein echtes Zwergschwein ist das Zwergwildschwein(Porcula salvania, Syn.: Sus salvania)  aus dem nördlichen Südasien. Es gibt heute nur noch wenige Exemplare in zwei Wildparks im indischen Bundesstaat Assam.

Groß-Schweine

Groß-Schweine sind die bekannten Rassen wie die Landrasse, Edelschweine und Hybrids, Buntes Bentheimer, Angler-Sattelschwein, Husumer, Duroc etc.

Die Körpergröße reicht von 70 – 110 cm am Widerristhöhe (höchste Stelle der Schulterpartie) gemessen und einem Gewicht von 200 – 360 kg. Die Körperlänge liegt zwischen 100 cm und 200 cm. Eber sind in der Regel um ein paar Zentimeter größer als Sauen.

Einige Schweinearten liegen von der Körpergröße her zwischen Großschweinen und Minischweinen z.B. Mangalitza (Wollschwein) oder das Kune Kune. Sie werden trotzdem zu den Großschweinen gezählt.

Minischweine

Dein süsses kleines Ferkel kann ein grosses, schweres Tier werden. Ein Minischwein ist erst mit ca. 4 Jahren voll ausgewachsen. Die durchschnittliche Schulterhöhe eines ausgewachsenen Minischweins ist 50 – 60 cm, seine Körperlänge beträgt ca. 80 – 100 cm und es wiegt bis zu 120 kg. Ein guter Vergleich ist ein grosser, fetter Rottweiler mit kurzen Beinen. Die Fütterung hat keinen Einfluss auf die schlussendliche Grösse eines Schweines, nur auf sein Gewicht; Du kannst also über das Futter die Endgrösse Deines Minis nicht „steuern“ – nur sein Gewicht.

Allerdings muss man dazu sagen, dass heutzutage Minischweine in fast allen möglichen und unmöglichen Grössen angeboten werden. Aufpassen musst du bei den sogenannten Micro-, Teacup-, Kleinstschwein. Diese Bezeichnung wurde von sog. Züchtern erfunden, um Käufer vorzugaukeln, dass die Tiere im Erwachsenenalter extrem klein bleiben. Zum Teil sind diese armen Tiere infolge von Inzucht sehr stark degeneriert und werden kaum älter als 5 Jahre. Zudem haben sie die Robustheit, für die Minischweine eigentlich bekannt sind, verloren und fallen durch zahlreiche Erkrankungen, Herzschwäche, Skelettschäden und mehr auf.

Besonderheiten

Schweine sind nicht wie andere Tiere. Sie besitzen anatomische Besonderheiten, die keine andere Tierart besitzt.

Ein paar besondere Merkmale wollen wir genauer vorstellen.

Rüssel und Ringelschwanz

Denken wir an ein Schwein, kommt uns natürlich sofort der Rüssel mit der „Steckdosennase“ und der Ringelschwanz in den Sinn.

Die Rüsselscheibe ist mit vielen Nervenfasern versehen, die bis zu den Sinushaaren (Tasthaaren) reichen. Diese Zwergsinushaare sind 2 – 4 mm lang und unterliegen der Abnutzung beim Wühlen. 

Haarlos hingegen ist die stark verhornte dorsale (zum Rücken hin gerichtet) Rüsselscheibenrandwulst. Genauso haarfrei ist der vordere Nasenrücken hinter der Rüsselscheibe (ca. auf einer Breite von 20 mm und einer Länge von 30 mm).

Das Schwein hat soviel Kraft mit dem Rüssel harten Boden aufzubrechen, um an Würmer, Käferlarven etc. heranzukommen. Es ist das wichtigste Werkzeug und Tastorgan, also nicht wundern, wenn Schweine einen von oben bis unten erstmal „abrüsseln“.

Der Ringelschwanz ist nicht bei allen Schweinearten typisch. Z. B. haben das Hängebauchschwein und das Wildschwein keinen Ringelschwanz, sondern einen grade herabhängenden. 

Trotzdem können „Ringelschwänzler“, wie das Bunte Bentheimer, in entspannten Phasen den Schwanz gerade herunterhängen lassen (siehe Foto).

Bei Rangordnungskämpfen ist der Schwanz gerade und leicht angehoben (ca. 60 Grad).

Der Ringel kommt daher, da die Muskeln und Sehnen auf der einen Seite kürzer sind als auf der anderen. Es ist angeboren und entstand als ein unbeabsichtigtes Ergebnis der Züchtung.

Das Anbringen von Nasenringen und insbesodnere von Rüsselklammern zur Verhinderung des Wühlens ist  aus anatomischer Sicht als eine tierschützerisch fragwürdige Maßnahme anzusehen.

Das gleiche gilt übrigens auch für das Kopieren der Schwanzspitze, da dort nahe den Schwanzwirbel kräftige Nervenfaserbündel verlaufen. Häufig treten Nervengeschwülste (Neurome) an den Stumpfenden auf, die sehr schmerzhaft sind. Somit ist das vorbeugende Kupieren sowohl aus anatomischer als auch aus tierschützerischer Sicht sehr fragwürdig.

 

Borsten

Das Haar eines gesunden Schweines ist kurz, mattglänzend und anliegend. Domestikationsabhängig ist die Dichte und Art der Behaarung. Es gibt fast unbehaarte Schweinerassen (z. B. einige englische und chinesische) und dicht behaarte wie das Wildschwein. Das ungarische Mangalitzawollschwein besitzt sogar eine schafsvliesähnliche Behaarung.

Am auffälligsten sind die Borstenhaare im Bereich des Nackens, des Rückens, der Rumpfseite und den Gliedmaßen. Unterbrust, Bauch und Innenfläche der Extremitäten sind weniger dicht von feineren Borsten besetzt.

Das Borstenhaar (lat. Setae) ist ein steifes Deckhaar mit manchmal mehrfach gespaltener Spitze (bei jüngeren Schweinen ist die Borste nicht gesplittet). Interessant ist, dass bei allen Haustiergattungen diese als Schutzhaare an den Öffnungen des Kopfes vorkommen (als Wimpern/lat. Cilia, Schutzhaare des Ohres/ lat. Tragi und die Haare des Naseneingang/ lat. Vibrissae) und beim Schwein die Borsten das komplette Haarkleid bilden. Außerdem ist für das Schwein charakteristisch, dass alle Sinushaargruppen am Kopf vorkommen.

Bei mangelhafter Ernährung oder infolge von chronischer Krankheit ist es lang und rau. Mit zunehmendem Alter werden die Borsten spröde und steif.

Im Herbst/Winter und im Frühling/Sommer findet der Haarwechsel statt. Er beginnt am Bauch und breitet sich von dort zur Oberschenkelpartie bis hin zur Kreuzbeingegend aus. Von dort erfolgt das Wachstum über die Flanken und den Rücken zum Kopf. 

Die Ausbreitung der wachsenden Haarfollikel ist beim Schwein unregelmäßig, so dass in jeder Körperregion ruhende und wachsende Follikel vorkommen. Daher ist die Dichte der Behaarung nicht immer gleichmäßig.

Kinndrüse (Mentalorgan) und Karpalorgan an den Vorderbeinen

Typisch für das Schwein sind die Kinndrüse bzw. Mentalorgan (lat. Landula mentalis). Es ist eine mehr oder weniger hohe, warzenförmige Hauterhebung am Kinn. Sie ist im Durchmesser 15 – 20 mm, hoch ca. 5 mm. Ihre Oberfläche zeigt eine Anzahl von Tasthaaren und Öffnungen für das Drüsensekret. Die Kinndrüse ist ein Tast- und Markierungsorgan.

Artspezifisch ist beim Schwein das Karpalorgan (lat. Organum carpale) und ist an der Innenseite beider Vorderbeine oberhalb der Afterklauen lokalisiert. Sichtbar sind die ca. 4 – 5 cm großen taschenartigen Hauteinstülpungen.

Das Karpalorgan ist ein Markierungsorgan. Es wird vermutet, dass bei der Umklammerung der Sau vom Eber beim Geschlechtsakt eine Geruchsmarke hinterlassen wird, um andere Eber von der Paarung abzuhalten. 

Durch den Geruch dieses Drüsensekrets erkennen sich die Rottenmitglieder untereinander und wir beobachten, dass die Schweine bei der Kontaktaufnahme mit dem Menschen, zuerst den menschlichen Fußbereich absuchen.

 

Klauen mit Afterklauen

Schweine gehören zu den Paarhufern.

Charakteristisch für die Klaue der Schweine ist das Aneinandergrenzen von unterschiedlich festen Hornsegmenten. Der Klauenschuh besteht aus Hornwand, Hornsohle und Hornballen. Diese Stellen, an denen die unterschiedlichen Segmente zusammenstoßen, sind empfindlich und anfällig für  Klauenkrankheiten.

Die Klauen bestehen aus den zwei Hauptklauen und den Afterklauen an jedem Bein. Die Afterklauen sind kleiner und unterschiedlich groß. Die Innere ist kleiner, als die Äußere. Sie sind über ein echtes Gelenk mit den Gliedmaßen verbunden und besitzen eine vollständige knöcherne Grundlage. Die Afterklauen an den Hinterbeinen sitzen im Vergleich zu vorne, etwas höher.

Sie erreichen nicht den Boden, außer bei sehr weichem Untergrund, dienen sie mit zur Unterstützung.

 

Von Foto & Grafik Joachim Baecker (Fantagu) – de.wikipedia uploaded by Fantagu (Foto & Grafik Joachim Baecker), CC BY-SA 2.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=840096

Es gibt beim Schwein eine besondere Hautbildung: das Schild. Es ist eine auffällige Verdickung der Haut an Hals, Schulter und Seitenbrust geschlechtsreifer, männlicher Schweine. Je älter das Tier ist, umso weiter an der Unterbrust in Richtung Hinterteil reicht diese.

Das Schwinden der Unterhaut (lat. Subkutis) erlaubt die Zubildung von straffem Bindegewebe. Bei frühkastrierten männlichen Tieren entwickelt sich die Hautverdickung – das Schild – nicht.  Daher wird ein Zusammenhang mit den männlichen Geschlechtsdrüsen vermutet.

Die Dicke schwankt zwischen 10 mm  und 20 mm beim veredelten Deutschen Landschwein, beim Englischen Schwein zwischen 6 mm und 16 mm.

Die unpigmentierte Haut ist blaßrosa gefärbt. Bei älteren Tieren weist sie oft Schuppenbildung auf dem Rücken und Schwielen an mechanisch beanspruchten Körperpartien auf.

Mit der Pigmentierung der Haut geht eine gleichartige Färbung der Borsten und auch der Klauen einher. Schwarze und braune Färbung bedeckt bei traditionell im Freien gehaltenen Schweinerassen den Großteil des Körpers und ist als Schutz vor Sonnenbrand vorteilhaft.

Das Auge

Schaut man in die Augen eines Schweines, dann fallen einem die Ähnlichkeiten mir dem menschlichen Auge auf.

Allerdings ist das Sehvermögen nicht mit dem den Menschen gleichzusetzen.

Schweine sind kurzsichtig. Für das Hell-/Dunkelsehen haben sie mehr Stäbchen als wir, aber weniger Zapfen, die für das Farbensehen wichtig sind.

Trotzdem erkennen Schweine Formen. Durch eine Studie von KognitionsforscherInnen der Vetmeduni Vienna/Wien aus dem Jahre 2018, wurde belegt, dass sie menschliche Gesichter (vor allem an Augen- und Mundpartie) sowie Hinterköpfe trotz Veränderungen erkennen und unterscheiden können. Das beweist, dass sie sich visuelle Merkmale einprägen und darauf reagieren.