Wie aus einem Schwein ein Schwein wird... |
Schmatzebatz
**
Dabei seit: 09.09.2010
Beiträge: 158
Herkunft: Braunschweig, Niedersachsen
Level: 35 [?]
Erfahrungspunkte: 786.609
Nächster Level: 824.290
|
|
Wie aus einem Schwein ein Schwein wird... |
|
Ich hatte es ja neulich an anderer Stelle schon erwähnt, das ich eine Anfrage aus meiner Nähe hatte, ob ich nicht noch ein Schwein aufnehmen könnte. Da die neue Hütte ja nun fertig war, stand der Sache ja nun nichts mehr im Wege. Also bin ich mal hingefahren und habe ihn mir angeschaut. Und wie das nun mal mit dem "nur mal anschauen" so ist (war bei meinen Hunden auch so), habe ich mich spontan entschieden, ihn bei mir aufzunehmen. Und so kam ich zu Alfred!
Ein Borg, ca. 1,5 Jahre alt, aus Wohnungshaltung im 1. Stock, also immer Treppe rauf und runter tragen, ohne schweinische Gesellschaft. Also kurz zusammengefasst: nicht wirklich artgerecht. Aber sonst ein echt süßer Kerl. Und immerhin gut mit Minischweinfutter ernährt, angemeldet, mit Ohrmarken und er kann sogar "Sitz" machen. Ok, das finde ich jetzt auch nicht wirklich wichtig bei einem Schwein, aber putzig ist das schon.
Also ist er kurzerhand bei mir eingezogen. Und da kamen auch recht schnell die Defizite im normalen Verhalten im Vergleich zu meinen beiden anderen Schweinen zu Tage.
Ich habe ja noch drei von seinen Kuscheldecken mitgenommen und in seine Hütte neben das Stroh gelegt. Er hat sich dann auch ausschließlich auf diese Decken gelegt. Das Stroh fand er total doof und konnte da nix mit anfangen. Fressen tut der feine Herr nur aus einer Schale oder direkt aus der Hand. Wenn ich mal etwas im Gehege verstreue, interessiert es ihn überhaupt nicht. Selbst sein Lieblingsleckerli, Äpfel, muß ich klein schneiden. Einen ganzen Apfel läßt er liegen. Wühlen, suhlen: Fehlanzeige. Und beim geringsten Nieselregen verkriecht er sich in seine Hütte. Und so kam es, das er selbst nach einer Woche bei mir noch piekobello sauber war ohne die geringste Verschmutzung. Halt wie frisch gewaschen.
Wenn ich mir dagegen meine beiden anderen anschaue, wenn ich sie abends von der Weide hole: sandig, überall Schlamm, die sehen halt aus wie die Schweine. Aber ich weiß: Die hatten Spaß!
Aber so nach der ersten Woche fing er langsam an, sich zu verändern. Es ging damit los, das er mir plötzlich entgegenkam und sein Rüssel war total versandet. Da hat er sich doch tatsächlich unter dem Trampolin der Kinder eine Kuhle gebuddelt, in der er sich dann gerne aufgehalten hat. Es war die Tage halt sehr heiß, und da unten war es wohl deutlich kühler...
Dann hat er sich so langsam dem Stroh in seiner Hütte angenähert. Zuerst lag nur ein kleines Stück von ihm im Stroh, der Rest noch auf der Decke. Aber er ist dann von Tag zu Tag weiter ins Stroh gekrochen.
Als ich ihn dann nach zwei Wochen zu den anderen Schweinen auf die große Weide gelassen habe, ging die Verwandlung zum richtigen Schwein noch schneller.
Mittlerweile ist er jetzt ca. 4 Wochen bei mir und die Unterschiede im Verhalten sind fast nicht mehr zu sehen. Auf der Weide wühlt er sich durch die Grasnarbe wie die Großen. Er ist fast den ganzen Tag dort unterwegs und der Rüssel steckt dabei immer in der Erde. Sobald es etwas wärmer wird, haut er sich in die Suhle und ist abends ein einziger Schlammklumpen. Ich habe das Gefühl, als ob er einiges nachzuholen hat. Selbst ein ordentlicher Regenschauer stört ihn nicht mehr im geringsten. Er zieht trotzdem weiter seine Runden auf der Suche nach etwas Fressbarem. Sogar seine Kuscheldecken sind mittlerweile völlig uninteressant. Er hat sich jetzt mit dem Stroh ein gemütliches Nest gebaut.
Also ich muß sagen, es ist sehr interessant und schön zu sehen, wie so ein kleiner vermenschlichter Kerl seine bislang unterdrückten Urinstinkte entdeckt und sich doch recht schnell zu einem normalen Schwein entwickelt hat.
Zwischenzeitlich hatte ich so meine Bedenken, ob er jetzt wirklich glücklicher ist. Denn er hat mich auf Schritt und tritt verfolgt und ich war seine einzige Bezugsperson. Ich habe ihn dann aber immer öfter und länger alleine gelassen, damit ich ihn langsam von der menschlichen Dauerpräsenz entwöhne. Denn da wo er herkam, lebte er in einer WG und es war fast immer jemand (leider nur Menschen) da.
Aber wenn ich ihn jetzt auch abends von der Weide hole, und er kommt mir wieder total verdreckt entgegen, dann weiß ich: Jetzt hat auch er Spaß!
Und wenn er und meine beiden Damen sich dann noch mehr annähern (Zum Thema Vergesellschaftung werde ich demnächst noch meine Erfahrungen schildern), bin ich zufrieden. Und Alfred hoffentlich auch!
Gruß Oliver
|
|
02.09.2013 00:15 |
|
|
Daniela D.
Mama von Hamlet und Freddy
Dabei seit: 14.11.2012
Beiträge: 1.102
Herkunft: Kissing bei Augsburg
Level: 45 [?]
Erfahrungspunkte: 4.608.274
Nächster Level: 5.107.448
|
|
RE: Wie aus einem Schwein ein Schwein wird... |
|
Oliver,
alleine die Geschichte zu lesen, ist schon der Hammer,
Tolle Erfahrung und irgendwie auch rührend.
Scheint so, als wärst Du ein liebevoller Schweinepapa
Bitte mehr Fotos!
Habe übrigens ähnliche Erfahrungen mit meinem Freddy gemacht. Ebenfalls aus einer Einzimmerwohnung, bzw. dann Tierheim, er konnte auch nur aus der Hand fressen und Rasen betreten ging gar nicht!!
Jetzt hat er Haus und Garten, frisst Rasen, sucht Körner, wühlt im Stroh, hat gedauert, aber ohne könnte er nun auch nicht mehr.
Ich liebe den Anblick meiner zufriedenen Schweine im Garten!
LG
|
|
02.09.2013 07:19 |
|
|
Kunibert
Verrückte Holländerin
Dabei seit: 15.08.2012
Beiträge: 557
Herkunft: Reiskirchen
Level: 41 [?]
Erfahrungspunkte: 2.379.957
Nächster Level: 2.530.022
|
|
RE: Wie aus einem Schwein ein Schwein wird... |
|
Schöne Geschichte Oliver.
Du hast Alfred ermöglicht raus zu finden was er wirklich ist. Ein Schwein ist nun mal dauernd auf der Suche nach Futter und das hilft ihm auch gegen Langeweile. Als reines Wohnungsschwein müssen die Besitzer ihm gegen Langeweile bespaßen.
Du brauchst überhaupt nicht zu zweifeln ob du ihm was Gutes getan hast, das hast du nämlich sehr wohl.
LG
Ellen
|
|
02.09.2013 08:07 |
|
|
windfried
Wenn Tiere leiden haben Menschen versagt
Dabei seit: 18.01.2006
Beiträge: 540
Herkunft: NRW - Nord
Level: 43 [?]
Erfahrungspunkte: 3.603.752
Nächster Level: 3.609.430
|
|
Guten Morgen. Schön das wieder ein Schwein schweinisch frei und artgerecht nach Lust und Laune leben darf. Leider geht es auch oft in die andere Richtung, wenn nicht schnell genug weg ist verliert sich die Spur, es geht dann über Hinterhöfe oder auch ganz offiziell ?? NA WOHIN WOHL. Schön das wieder ein Tier glücklich leben darf Gruß Windfried
|
|
02.09.2013 10:39 |
|
|
Sabine unregistriert
|
|
Moin Oliver
Bei deinem Bericht geht mir das Herz auf.
Ein vermenschlichtes und völlig fehlgeprägtes Tier darf wieder das sein was es ist. Schweine sind ja (leider) sehr anpassungsfähig. Leider, wegen der Wohnungs- und Einzelhltung, sie kommen selbst damit noch zu recht.
Umso schöner ist es zu lesen, das ihre ureigensten Instinkte noch nicht verkümmert sind, und wenn man sie lässt, sie auch ausgelebt werden. Vielen Dank dafür, Oliver.
|
|
02.09.2013 12:11 |
|
|
sheitan
Schweineliebhaberin
Dabei seit: 30.10.2009
Beiträge: 1.123
Herkunft: Ratingen
Level: 46 [?]
Erfahrungspunkte: 5.943.126
Nächster Level: 6.058.010
|
|
Hallo Oliver,
ich finde Deine Geschichte auch ganz toll und finde auch, dass Du ein ganz toller Schweinepapa bist.
LG Helga
|
|
02.09.2013 21:48 |
|
|
Barbara
**
Dabei seit: 28.03.2011
Beiträge: 1.443
Herkunft: Zürich, Schweiz
Level: 47 [?]
Erfahrungspunkte: 6.895.194
Nächster Level: 7.172.237
|
|
Hi Oliver
Ist das eine toller Bericht
. Meeeehr Bilder bitte
. Wie Alfred sich in dieser kurzen Zeit an ein richtiges Schweineleben gewöhnt hat und bei Dir nun dieses artgerechte Leben führen darf. Top :yesss:
Ich bin gespannt auf die Vergesellschaftung mit Deinen Damen. Auch das wird gelingen.
lg Barbara
__________________ Wenn es im Himmel keine Schweine gibt, gehe ich dort auch nicht hin!
|
|
02.09.2013 22:40 |
|
|
Doris
Trüffel´s Mama
Dabei seit: 03.10.2005
Beiträge: 6.402
Herkunft: Erlensee, Hessen
Level: 59 [?]
Erfahrungspunkte: 43.408.660
Nächster Level: 47.989.448
|
|
RE: Wie aus einem Schwein ein Schwein wird... |
|
Einfach nur KLASSE! Da geht einem so richtig das Herz auf wenn man das liest
!
__________________ Liebe Grüße ,
Doris
Wo immer ein Tier in den Dienst des Menschen gezwungen wird, gehen die Leiden, die es erduldet, uns alle an! Albert Schweizer
|
|
03.09.2013 14:02 |
|
|
|