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Geschrieben von peggy am 13.12.2002 um 10:31:

  Mehr Schutz für Tiere?

Dr. Johannes Caspar ist Jurist, Dozent an der Universität Hamburg und Verfasser der Studie »Tierschutz im Recht der modernen Industriegesellschaft« ND: Tierschutz gehört seit wenigen Monaten zu den Staatszielen. Während die einen von einer bahnbrechenden Veränderung sprechen, werten die anderen diese Neuerung als bloße Verfassungslyrik, die keine positiven Auswirkungen auf den Tieralltag hat. Wie sehen Sie das?
Caspar: Im Vorfeld der Aufnahme des Tierschutzes in die Verfassung haben diejenigen, die nun von Verfassungslyrik sprechen, noch das Ende des Forschungsstandorts Deutschland prophezeit. Dieser Schritt ist weder nur Verfassungslyrik noch wird damit die Wissenschaft in Deutschland untergehen. Tatsächlich wurden zentrale Bestimmungen des Tierschutzgesetzes verfassungsrechtlich abgesichert, die schon vorher existierten, aber nicht angewandt werden konnten. Von der neuen Staatszielbestimmung betroffen sind die vorbehaltlosen Freiheitsgrundrechte, insbesondere die Forschungs- und Lehrfreiheit.

Darf man künftig im Namen der Kunst noch Kleintiere auf der Bühne töten?

Der Wellensittich im Glas mit Wurstpampe, der unter dissonanten Klängen hin und her geschwenkt wird - Happenings dieser Art gehören natürlich der Vergangenheit an. Man wird nicht einfach sagen können: Das ist keine Tierquälerei. Der Tierschutz wird nicht mehr durch die Kunstfreiheit als vorbehaltloses Grundrecht überlagert.

Hat der Schlachter jetzt auch ein Problem?

Für den Gesetzgeber ist es grundsätzlich leichter, Regelungen zu schaffen, die auch die Massentierhaltung einschränken. Das war zwar schon vorher möglich, aber auf Basis des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit kann der Tierschutz nun gestärkt als Gegengewicht zur Berufsfreiheit in die Abwägung eingehen.

Ist eine Klagewelle zu erwarten?

Zurzeit ist alles vollkommen offen. Wenn jetzt wieder eine Behörde einem Moslem die Schächt-Genehmigung verweigert, wird er womöglich durch alle Instanzen dagegen klagen. Meine Meinung ist: Wir haben ein Staatsziel Tierschutz, das nicht mehr einfach ignoriert werden kann. Man muss also auf einen Ausgleich der Interessen von Religion und Tierschutz hinwirken. Bisher ging das immer zu Gunsten der Tiernutzer aus. In den Bereichen Schächten und Tierversuche sind Klagen zu erwarten. Die Pharmafirmen und Wissenschaftsverbände wollen natürlich genau wissen, welche Tierversuche nicht mehr durchgeführt werden können.

Wer klagt die Rechte der Tiere ein? Kommt nun analog zum Naturschutzrecht die Verbandsklage?

Die Verbandsklage wurde diskutiert. Man will sie aber zumindest in dieser Legislaturperiode nicht verwirklichen. Folgender Punkt ist natürlich entscheidend: Solange man keine Klageposition zu Gunsten von Tieren hat, kann nichts unternommen werden, wenn Behörden untätig bleiben. Sie wäre eine Komponente, die die Staatszielbestimmung flankieren müsste. Die Staatszielbestimmung enthält einen Auftrag - gerade auch an den Gesetzgeber - das Regelungsanliegen des Tierschutzes zu optimieren. Seiner Verpflichtung würde der Gesetzgeber daher künftig insbesondere durch Schaffung eines Verbandsklagerechts für Tierschutzorganisationen gerecht werden.

(Quelle:Neues Deutschland 13.12.2002)


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