BUND kritisiert Massentierhaltung und schlechte Fleischqualität der Billigangebote
Berlin. Schon merkwürdig, dieses Super-Sonderangebot. 100 Gramm Schweinefleisch kosten weniger als die gleiche Menge Gemüse. Jedoch: Blass sieht das wässrige Stück mit den gefährlichen Antibiotika-Rückständen aus, in der Pfanne schrumpft es. „Der Preis darf kein Kaufkriterium sein“, mahnt Hubert Weiger, agrarpolitischer Sprecher des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).
Billiges Fleisch – vor allem aus der Massentierhaltung – stehe für schlechte Qualität, Tierquälerei und Umweltverschmutzung. Das werde vorerst so bleiben. In der Nutztierhaltung habe es seit einem Jahr keine Fortschritte gegeben. „Und nun wollen auch noch Discounter wie Aldi oder Lidl Frischfleisch anbieten“, sagt Weiger. Dies sei aufgrund des Preisdrucks eine Steilvorlage für die Massentierhalter.
Zwar sei Ende 2001 die neue Legehennenverordnung verabschiedet worden, die Käfigbatterien ab 2007 verbietet. Für Masthähnchen, Enten, Puten oder Schweine sei jedoch noch kein Ende der tierquälerischen Haltung in Sicht. Gerade in ostdeutschen Ländern nehme die Zahl der Agrarfabriken zu. In Mecklenburg-Vorpommern liegen laut BUND Planungen und Genehmigungen für mehr als 27 Schweine-Mastanlagen mit je 10000 bis 15000 Tierplätzen vor, außerdem zahlreiche weitere für Puten, Hühner und Hähnchen.
Die Schweinemäster kämen in der Regel aus den Niederlanden. Die dortige Regierung zwinge die Mäster wegen massiver Gülleprobleme und der Schweinepest-Epidemien per Gesetz, ihre Tierbestände um 20 Prozent zu reduzieren.
In einer Industrieanlage hat laut BUND ein Schwein einen Lebensraum von 0,65 Quadratmetern. Es müsse auf Betonspalten stehen und in seinem eigenen Kot liegen. Tageslicht bekomme es erst zu sehen, wenn es zum Schlachthof abtransportiert werde. Eine Anlage mit 15000 Schweinen produziere jährlich einen „Gülle-Ozean“ von 29000 Kubikmetern. Das entspreche 18 gefüllten Badewannen pro Stunde.
Kein Wunder, heißt es beim BUND, dass Bürgerinitiativen und Umweltverbände Widerspruch gegen die Anlagen einlegten und klagten. Die Politik scheine dies nicht zu beeindrucken. In den Genehmigungsverfahren würden die Belastungen für Anwohner, Tiere und Umwelt herunter gerechnet. Die Behörden vernachlässigten dabei Schäden durch giftige Emissionen. Auch die Art der Tierhaltung spiele keine Rolle.
Das habe rechtliche Gründe, sagt Peter Kremer, Anwalt von Umweltverbänden und Bürgerinitiativen in den ostdeutschen Bundesländern: „Da es auf Bundesebene keine Tierhaltungsverordnung für Schweine und Mastgeflügel gibt, gelten die Verwaltungsvorschriften der Länder.“ Letztere seien zwar mit dem Tierschutzgesetz nicht vereinbar, könnten aber nach geltender Rechtslage nicht vor den Gerichten angefochten werden.
Zeit für die Politik, zu handeln, findet daher Weiger: „Kanzler Gerhard Schröder steht mit seinem Satz über die notwendige Abkehr von Agrarfabriken im Wort.“ Die Länder sollten Subventionsmittel umschichten, Auslaufhaltung und Einstreuverfahren vorschreiben sowie die Güllebelastung in die Genehmigungsverfahren einbeziehen.
Von Fritz Hermann Köser
(Quelle:Weser Kurier) |