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25.01.2003 14.05 | peggy | „Gülle-Ozean in Deutschland“
BUND kritisiert Massentierhaltung und schlechte Fleischqualität der Billigangebote

Berlin. Schon merkwürdig, dieses Super-Sonderangebot. 100 Gramm Schweinefleisch kosten weniger als die gleiche Menge Gemüse. Jedoch: Blass sieht das wässrige Stück mit den gefährlichen Antibiotika-Rückständen aus, in der Pfanne schrumpft es. „Der Preis darf kein Kaufkriterium sein“, mahnt Hubert Weiger, agrarpolitischer Sprecher des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).
Billiges Fleisch – vor allem aus der Massentierhaltung – stehe für schlechte Qualität, Tierquälerei und Umweltverschmutzung. Das werde vorerst so bleiben. In der Nutztierhaltung habe es seit einem Jahr keine Fortschritte gegeben. „Und nun wollen auch noch Discounter wie Aldi oder Lidl Frischfleisch anbieten“, sagt Weiger. Dies sei aufgrund des Preisdrucks eine Steilvorlage für die Massentierhalter.
Zwar sei Ende 2001 die neue Legehennenverordnung verabschiedet worden, die Käfigbatterien ab 2007 verbietet. Für Masthähnchen, Enten, Puten oder Schweine sei jedoch noch kein Ende der tierquälerischen Haltung in Sicht. Gerade in ostdeutschen Ländern nehme die Zahl der Agrarfabriken zu. In Mecklenburg-Vorpommern liegen laut BUND Planungen und Genehmigungen für mehr als 27 Schweine-Mastanlagen mit je 10000 bis 15000 Tierplätzen vor, außerdem zahlreiche weitere für Puten, Hühner und Hähnchen.
Die Schweinemäster kämen in der Regel aus den Niederlanden. Die dortige Regierung zwinge die Mäster wegen massiver Gülleprobleme und der Schweinepest-Epidemien per Gesetz, ihre Tierbestände um 20 Prozent zu reduzieren.
In einer Industrieanlage hat laut BUND ein Schwein einen Lebensraum von 0,65 Quadratmetern. Es müsse auf Betonspalten stehen und in seinem eigenen Kot liegen. Tageslicht bekomme es erst zu sehen, wenn es zum Schlachthof abtransportiert werde. Eine Anlage mit 15000 Schweinen produziere jährlich einen „Gülle-Ozean“ von 29000 Kubikmetern. Das entspreche 18 gefüllten Badewannen pro Stunde.
Kein Wunder, heißt es beim BUND, dass Bürgerinitiativen und Umweltverbände Widerspruch gegen die Anlagen einlegten und klagten. Die Politik scheine dies nicht zu beeindrucken. In den Genehmigungsverfahren würden die Belastungen für Anwohner, Tiere und Umwelt herunter gerechnet. Die Behörden vernachlässigten dabei Schäden durch giftige Emissionen. Auch die Art der Tierhaltung spiele keine Rolle.
Das habe rechtliche Gründe, sagt Peter Kremer, Anwalt von Umweltverbänden und Bürgerinitiativen in den ostdeutschen Bundesländern: „Da es auf Bundesebene keine Tierhaltungsverordnung für Schweine und Mastgeflügel gibt, gelten die Verwaltungsvorschriften der Länder.“ Letztere seien zwar mit dem Tierschutzgesetz nicht vereinbar, könnten aber nach geltender Rechtslage nicht vor den Gerichten angefochten werden.
Zeit für die Politik, zu handeln, findet daher Weiger: „Kanzler Gerhard Schröder steht mit seinem Satz über die notwendige Abkehr von Agrarfabriken im Wort.“ Die Länder sollten Subventionsmittel umschichten, Auslaufhaltung und Einstreuverfahren vorschreiben sowie die Güllebelastung in die Genehmigungsverfahren einbeziehen.

Von Fritz Hermann Köser

(Quelle:Weser Kurier)

26.01.2003 11.52 | Claus |
Hallo zusammen!

Ich habe mich einige Zeit zurückgehalten, aber jetzt brennt mir einiges auf der Zunge.
Zu den Äußerungen des Herrn Weiger: der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung unterliegt i.d.R. strengeren Vorschriften als der in der Humanmedizin. Auch die Dokumentation und Einhaltung von Wartezeiten ist gesetzlich verankert, so daß Rückstände in tierischen Erzeugnissen praktisch nicht vorkommen. Ausnahmen sind weniger der Landwirtschaft, sondern vielmehr der kriminellen Energie Einzelner anzulasten.
Die blaße Farbe des Fleisches und das Schrumpfen in der Pfanne beruht v.a. auf der Fütterung sowie dem schnellen Wachstum der Tiere. Hierbei handelt es sich nicht um qualitative, sondern um optische Beeinträchtigungen. Diese ergeben sich in der Hauptsache aus der Preispolitk der Discounter sowie dem Kaufverhalten der Verbraucher. Billigpreise sind keinesfalls eine "Steilvorlage für Massentierhalter"; sie stellen kleine und mittlere Betriebe vor die Entscheidung wachsen oder weichen. Ich möchte nochmal betonen, daß hier auch das Kaufverhalten der Verbraucher eine Rolle spielt.
Zu den Äußerungen des Herrn Peter Kremer: es gibt tatsächlich keine bundeseinheitliche Verordnung zur Tierhaltung. Die VOs der Länder weisen zwar Unterschiede auf, jedoch regeln sie alle Aspekte der Tierhaltung bindend. So werden Baugenehmigungen nur erteilt, wenn alle Anforderungen an die Tiergerechtheit und Umweltverträglichkeit erfüllt werden. Hierbei sind die Platzanforderungen pro Tier, die Güllelagerung sowie die Gülleverwertung mit inbegriffen. Güllelager, die Emissionen Vorschub leisten werden seit 3 Jahren nicht mehr genehmigt. Die Verwertung der Gülle muß durch Flächennachweise oder Abnahmeverträge belegt werden. Im Übrigen ist auch die tägliche Menge an Licht (incl. Lichtintensität) pro Tier festgelegt.

Bleibt abschließend die Frage, wie objektiv die beiden Herren sich dieser Thematik widmen. Und welche, wenn überhaupt irgendeine Qualifikation notwendig ist, um agrarpolitischer Sprecher beim BUND oder Anwalt von Umweltschutzverbänden zu werden. Oder ob hierzu die polemische Verbreitung von Halbwahrheiten ausreicht.

Schönen Sonntag allen Schweinefreunden

Gruß, claus

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